Genehmigungsfreiheit für Photovoltaikanlagen - ein Irrweg!

Baugenehmigungserfordernis für Photovoltaikanlagen muss erhalten, materiell vereinfacht und nicht abgeschafft werden!

Schon lange ist die Installation von PV (Photovoltaik)-Anlagen nicht mehr nur auf industriellen oder landwirtschaftliche Anlagen lukrativ. Immer häufiger werden PV-Anlagen auch auf privaten Gebäuden installiert. Die Vorteile für eine Nutzung von Solaranlagen ist weitreichend bekannt und deren weiterer Ausbau ist mehr als gewünscht, sogar unabdingbar, will die Bundesrepublik Deutschland ihre ehrgeizigen Klimaschutzziele erreichen.

Dessen ungeachtet ist die aktuelle Gesetzeslage im Freistaat Sachsen besonders geeignet, den „kleinen Betreiber“ sowie private Bauherrn bei der Verwirklichung einer PV-Anlage zu entmutigen, stellt sich doch schon die derzeitige Gesetzeslage zur Verfahrensfreiheit von PV-Anlagen in der Sächsischen Bauordnung (§ 61 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b SächsBO) als äußerst missverständlich dar. Danach gilt die Verfahrensfreiheit für Solarenergieanlagen und Sonnenkollektoren in und an Dach- und Außenflächen sowie gebäudeunabhängig mit einer Höhe bis zu 3 m und einer Gesamtlänge bis zu 9 m unter der Einschränkung, dass es sich um Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung handeln muss. Diese Einschränkung wirft die äußerst umstrittene Rechtsfrage auf, inwieweit die Solarenergieanlage oder die Sonnenkollektoren unmittelbar der Deckung des eigenen Energiebedarfs des zu Grunde liegenden Gebäudes dienen muss, um die Voraussetzungen für eine Verfahrensfreiheit zu erfüllen. In jedem Fall sind nach der aktuellen Gesetzeslage PV-Anlagen, die den von ihr erzeugten Strom vollständig in das öffentliche Stromnetz abgeben, keine Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung und bedürfen daher einer Baugenehmigung.

Diese Schwierigkeit in der aktuellen Gesetzeslage hat der Sächsische Landtag zum Anlass genommen, am 06.01.2011 eine Expertenanhörung zu dem Thema „Gesetz über die Verfahrensfreiheit gebäudeintegrierter Solaranlagen“ durchzuführen. Mit diesem Gesetz sollen Solarenergieanlagen und Sonnenkollektoren unabhängig von der Voraussetzung „technische Gebäudeausrüstung“ verfahrensfreigestellt werden.

Für Prof. Dr. Martin Maslaton, Professor für das Recht der Erneuerbaren Energien an der TU Chemnitz/Bergakademie Freiberg und einer der führenden deutschen Verwaltungsjuristen in diesem besonderen Bereich, ist die derzeit im Landtag diskutierte erweiterte Verfahrensfreiheit von PV-Anlagen nicht der richtige Weg, um die Errichtung von PV-Anlagen zu fördern. Vordergründig ist eine erweiterte Verfahrensfreiheit für den Bauherrn zwar formal der einfachste und sicherlich auch schnellste Weg für das Errichten einer PV-Anlage. Der Bauherr muss hier keinen Antrag auf Genehmigung stellen und kann direkt mit dem Bau beginnen. Bauvorlagen, Bauvorlagenberechtigungen oder Anzeigen müssen bei der Behörde nicht eingereicht werden. Gleichzeitig bringt die Verfahrensfreiheit von PV-Anlagen jedoch für den Bauherrn bei genauerer Betrachtung gravierende Nachteile mit sich. So baut der Bauherr ohne die Schutzwirkungen einer erteilten Baugenehmigung auf eigenes Risiko. Denn die Verfahrensfreiheit eines Vorhabens wirkt sich lediglich auf die Genehmigungsbedürftigkeit einer PV-Anlage aus. Die materiellrechtlichen Anforderungen des Baurechts, wie z. B. des Bauplanungs-, Bauordnungs- und Denkmalschutzrechts, müssen trotz Verfahrensfreiheit in jedem Fall eingehalten werden. Während die Einhaltung des materiellen Rechts in einem Baugenehmigungsverfahren einzelfallgerecht geprüft wird, muss der Bauherr bei Vorhaben, die keinem Genehmigungsverfahren unterliegen, selbst auf die Einhaltung der materiellen Anforde-rungen achten. Erweist sich die PV-Anlage als materiell illegal, kann noch Jahre nach ihrer Errich-tung die Anordnung eines Rückbaus der Anlage drohen.

Damit unterliegt die Möglichkeit einer dauerhaften Nutzung der verfahrensfreien PV-Anlagen einer massiven Rechtsunsicherheit. „Diese Problematik führt in der Praxis verstärkt zu Finanzierungsproblemen. Die derzeit diskutierte erweiterte Verfahrensfreiheit für PV-Anlagen ist daher gut gemeint, in der praktischen Umsetzung jedoch völlig unzureichend“, so Maslaton.

Angesichts dieser Problematiken biete sich nach Maslaton die Beibehaltung eines Baugenehmigungsverfahrens für PV-Anlagen gekoppelt mit einer sogenannten „Typengenehmigung“ für PV-Anlagen als wesentlich effektivere und für den Bauherrn rechtssichere Alternative an. Denn im Rahmen einer solchen Typengenehmigung erfolgte durch ein Prüfamt eine vorgelagerte Prüfung für die technischen Parameter eines Anlagentyps, die unabhängig vom konkreten Einzelfall stets gleich bleiben. Dies erleichtert die bauordnungsrechtliche Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der PV-Anlage, was eine Zeit- und Kosteneinsparung mit sich bringen würde. Gleichzeitig hielte der Bau-herr eine bauaufsichtsrechtliche Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit seines Vorhabens mitsamt der sich daraus ergebenden Rechtssicherheit für den Bauherrn in den Händen.

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